Reisefreiheit, Brexit, Frieden, Bürokratie, Gurkenkrümmungsverordnung und Interrail. Europa und die EU – irgendwie ist das Begriffspaar in aller Munde. Bei den einen als Hoffnungsschimmer für die Völkerverständigung, bei den anderen als Feindbild für lähmende Politdebatten. Manchmal merkt man kaum, dass sowohl Europa als auch die EU fest im Alltag verankert ist. In der Region vielleicht sogar etwas mehr als anderswo im Land.
Beispiel Airbus. Am Donauwörther Standort arbeiten Menschen aus gut 40 Nationen – die meisten sind EU-Bürger. Joachim Herfert ist Ausbildungsleiter bei Airbus Helicopters in Donauwörth, mit gut 7000 Mitarbeitern der mit Abstand größte Arbeitgeber im Landkreis.
Airbus ohne Europa? Für Herfert ist das kaum vorstellbar. Das Unternehmen verstehe sich als internationaler Konzern. Niederlassungen auf der ganzen Welt versprächen weitaus bessere Absatzmärkte, da ist sich Herfert sicher. Doch die Produktion in unterschiedlichen Ländern, in Europa vor allem in Deutschland, Frankreich und Spanien, habe auch ihre Herausforderungen. Mitarbeiter mit verschiedenen Muttersprachen und kulturellen Hintergründen sind aufeinander angewiesen. Die Verständigung muss klappen, um einwandfreie Produkte zu verkaufen. Auch deshalb setzt sich Airbus bereits bei den Auszubildenden für internationale Begegnungen ein. Verschiedene Nationen und Kulturen sollen sich begegnen. Nicht nur an der Werkbank, sondern auch in der Kantine oder im privaten Rahmen. „Für die Mitarbeiter ist es normal, mit Menschen aus anderen Ländern zu interagieren“, sagt Herfert. Und das fange bei den Jungen an, für die der internationale Kontakt normal sein sollte.
Joachim Herfert im Radiointerview:
Sprachtutoren sollen den jungen Menschen helfen, die Scheu vor der fremden Sprache zu verlieren. Herfert erklärt, dass regelmäßig Studenten aus England für einige Monate nach Donauwörth kämen, um die Azubis aus der Region lebensnah zu schulen. Das beginnt beim Small Talk, geht über Fachausdrücke bis hin zum Fahrkartenkauf am Bahnhof. Ein Zurück aus der europäischen beziehungsweise internationalen Ausrichtung – nein, das wäre wäre wohl nicht denkbar, sagt Herfert. Zu eng verknüpft seien die Wirtschaft und auch die Menschen aus den vielen Nationen untereinander.
Verknüpfung ist ein passender Begriff für den Energiesektor. Hier ist irgendwie alles ganz lokal und doch gleichzeitig voll europäisch, wie Ingo Butters vom regionalen Energieversorger LEW erklärt. Im Landkreis Donau-Ries ist man sogar Vorreiter bei zwei Projekten zur künftigen Stromversorgung. Wer an der Schnellermühle im Donauwörther Stadtteil Nordheim vorbeifährt, dem mag eine seltsame Folie auffallen. Die könnte bald eine große Rolle in ganz Europa spielen. Über die laminat- ähnliche Folie der Dresdner Firma Heliatek soll wie bei einer ganz normalen Photovoltaikanlage Strom erzeugt werden. Heliatek stellt biegbare und leichte organische Folien her. Sie werden mit Klebstoff auf die Dächer oder Fassaden aller möglichen Gebäude geklebt. So hat jedes Gebäude quasi sein eigenes Kraftwerk. Auch Straßen könnten, erläutert Butters, vielleicht irgendwann damit gepflastert sein. „In Deutschland wird das derzeit an drei Standorten getestet. In Donauwörth befindet sich die größte Folie“, sagt Butters. Die Anlage an der Mühle soll dieser Tage ans Netz gehen.
Ingo Butters im Radiointerview:
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